Grusswort
Anna Rosenwasser, Präsidentin der LOS Lesbenorganisation Schweiz
«Aber ihr habt doch jetzt schon alles», sagen sie, «in ein paar Serien gibt’s Homosexuelle und letztens gabs doch Wonder Woman.» Das finden wir gut. Homos und Wonder Woman. Aber dass wir jetzt alles haben, dass jetzt im Film alles erreicht ist, das ist Blödsinn. Einerseits, weil natürlich nie alles erreicht ist, dann könnten Filmemacher*innen ja einpacken. Schliesslich geht’s beim Geschichten-Erzählen ja auch darum, Neues zu erschaffen. Andererseits aber, und das ist wichtig: Zeigen uns diese Geschichte auch, was wir uns wünschen dürfen. Wenn Wonder Woman eine Ausnahme ist, was dürfen wir uns dann wünschen? Wenn Homos was Besonderes sind, was sagt das darüber aus, welche Wünsche uns erlaubt sind? Nein, natürlich haben wir nicht alles, bei Weitem nicht. Aber wir haben viel, weil wir es selber machen: Protagonistinnen, die nicht als «starke Frau» bezeichnet werden müssen, weil das Starksein und das Weiblichsein für sich sprechen; Narrative, die jenseits sind von der Norm; Plots, die uns ein Zuhause-Gefühl geben, weil sie eben nicht einfach kitschig und vorhersehbar sind, sondern Grenzen sprengen, wo keine sein sollen. All das können und müssen Filme tun: Vom wohligen Gefühl bis zum grossen WTF, während man irritiert aus dem Saal läuft. Wir brauchen beides und alles dazwischen – und eben nicht nur zuhause mit einsamem Blick auf dem Bildschirm, sondern in einer Art Kollektiv, wie sie durch ein Festival wie das Luststreifen entstehen kann. Wo Wünsche entstehen können, in bewegten und bewegenden Bildern. Ja, wir haben schon viel; aber wir wollen alles.
Editorial
Liebe Freund*innen
Die Laune und Vorfreude haben wir dabei nie verloren: Wir brainstreamten bis nur noch der Prosecco half (und das tat er), schnorrten uns für Euch an Tickets von Weltpremieren an grossen Festivals und zogen schliesslich zusammen mit geballter Kraft noch das letzte unverzichtbare Sponsoring an Land. Nun steigt das Luststreifen Film Festival Basel zum zwölften Mal. Wir präsentieren 13 abendfüllende Filme und 21 Shorts. Aus hunderten an den Festivals in Berlin, Wien, Nyon und Locarno gezeigten und 2462 eingereichten Filmen haben wir, mit besonderem Augenmerk auf die Vielfalt, die besten fiktionalen, dokumentarischen und pornografischen Filme für Euch ausgewählt. Zahlreiche werden bei uns zum allerersten Mal in der Schweiz gezeigt. Neben nationalen Premieren fällt der thematische Schwerpunkt des Filmprogramms dieses Jahr auf die Frage der Utopie: Wie könnte eine Welt jenseits von Normen und Zwängen aussehen? Zahlreiche Filme im Programm geben darauf eigene filmische Antworten. Seht selbst.
Über die Filme hinaus bieten wir Euch dieses Jahr ein breites Rahmenprogramm: Kunst, Diskussionen, Konzerte und Workshops. Wir sind erschöpft, aber vor allem glücklich und voll Vorfreude auf jeden einzelnen Programmpunkt.
Euer Luststreifen Festival-Team